Krebszellen von individuellen Patient:innen werden seit einigen Jahren als so genannte Organoide kultiviert. Diese Form der Zellkultur, bei der die Krebszellen ähnlich wie im Körper in dreidimensionalen Strukturen heranwachsen, bewahrt die Eigenschaften der Krebszellen weitgehend und ermöglicht es Ärzt:innen und Forschenden, die Wirksamkeit von Therapien für einzelne Patient:innen zu beurteilen. Organoide sind damit eine wertvolle Alternative zu klassischen Zellkulturen. Allerdings konnten diese Kulturen allein bisher das Ansprechen auf alle gängigen Darmkrebstherapien nicht zuverlässig vorhersagen.
Das Forschungsteam hat nun einen entscheidenden Schritt nach vorne gemacht: Neben den Krebszellen, die in Form von Organoiden verwendet werden, werden nun auch sogenannte Fibroblasten und Monozyten zur Kultur hinzugefügt. Fibroblasten verleihen dem gesunden, wie auch dem Krebsgewebe seine Struktur, und Monozyten sind Immunzellen, die sich im Gewebe und Tumor zu Makrophagen weiterentwickeln und bei der Immunabwehr helfen sollten. Zwischen diesen drei Zelltypen herrscht im Tumor rege Kommunikation, und die Forscher:innen konnten zeigen, dass sich die drei Zelltypen in der Petrischale auf ähnliche Weise gegenseitig beeinflussen. „Mit diesem neuen Modell lassen sich nun auch die therapeutischen Auswirkungen auf das Immunsystem im Rahmen der personalisierten Medizin erforschen und vorhersagen“, berichtet Michael Bergmann (Universitätsklinik für Allgemeinchirurgie, MedUni Wien/AKH Wien).
Genauere Aussagen über individuelles Krebsgewebe
Weiters konnte das Forscher:innenteam mit Hilfe dieses Modells erstmals zeigen, dass bestimmte Chemotherapien, die bei langfristiger Anwendung negative Auswirkungen auf das Immunsystem haben, kurzfristig eine Aktivierung wesentlicher Immunzellen bewirken können. „Das neue System ermöglicht es, deutlich genauere Aussagen über die Eigenschaften des individuellen, patient:innenspezifischen Krebsgewebes zu treffen“, ergänzt Matthias Farlik (Universitätsklinik für Dermatologie, MedUni Wien/AKH Wien). In Zukunft, so die Forschenden, könnten so individualisierte Therapien für Darmkrebspatient:innen entwickelt werden. Vor allem aber könnten neuartige Immuntherapien getestet werden, die das Immunsystem bei der Krebsabwehr unterstützen sollen und zu besseren Behandlungserfolgen im Rahmen der personalisierten Medizin beitragen.
Publikation: Journal for ImmunoTherapy of Cancer
Cancer-associated fibroblasts shape early myeloid cell response to chemotherapy-induced immunogenic signals in next generation tumor organoid cultures.
Julijan Kabiljo, Anna Theophil, Jakob Homola, Annalena F Renner, Nathalie Stürzenbecher, Daphni Ammon, Rebecca Zirnbauer, Simone Stang, Loan Tran, Johannes Laengle, Askin Kulu, Anna Chen, Markus Fabits, Velina S Atanasova, Oliver Pusch, Wolfgang Weninger, Henning Walczak, Dietmar Herndler Brandstetter, Gerda Egger, Helmut Dolznig, Anna Kusienicka, Matthias Farlik, Michael Bergmann.
doi: 10.1136/jitc-2024-009494
https://jitc.bmj.com/content/12/11/e009494