Gliome gehören zu den häufigsten Tumorarten im Kindes- und Jugendalter. Die definitive Diagnose wird zumeist durch eine Operation gestellt, der Therapieverlauf wird mittels MRT (Magnetresonanztomographie) überwacht. Dadurch lassen sich jedoch bisher keine biologischen Veränderungen während der Therapie des Tumors verfolgen. Eine Forscher:innengruppe um Johannes Gojo, Experte für Hirntumoren im Kindes- und Jugendalter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, hat nun Fragmente von Tumor-DNA in Gehirnflüssigkeit und Blut von Hirntumorpatient:innen analysiert. Dabei konnte gezeigt werden, dass sich die Tumor-typischen Veränderungen bis zu 40.000-fach verdünnt nachweisen lassen. Diese hochsensitiven Methoden könnten zur Diagnose aber auch zum Therapiemonitoring in der Klinik verwendet werden. „Mit der entwickelten Methode können wir bis zu 20.000 einzelne Polymerase-Kettenreaktionen gleichzeitig in winzigen Tröpfchen durchführen und analysieren (ddPCR). Das ermöglicht es, auch kleinste Mengen von Tumor-DNA zu detektieren“, so Erstautorin Sibylle Madlener, ebenfalls von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde.
Nähe zum Tumor ist relevant
In der Studie wurden Tumor-DNA-Mutationen (H3F3A K27M und BRAF V600E) aus Flüssigbiopsien von 35 Gliom-Patient:innen analysiert. Die Proben wurden aus Plasma und dem Gehirnliquor gewonnen. Mithilfe der sensitiven Droplet Digital PCR (ddPCR)-Methode konnten die Mutationen mit hoher Sensitivität und Spezifität nachgewiesen werden. Besonders die Entnahmestelle des Liquors erwies sich als entscheidend: Proben, die nahe am Tumor gewonnen wurden, zeigten die besten Ergebnisse.
Die Forscher:innen beobachteten, dass die Mutationen nicht nur diagnostisch genutzt werden können, sondern auch zur Überwachung des Krankheitsverlaufs und der Therapieansprache beitragen. „Wir konnten zeigen, dass unter zielgerichteter Therapie die entsprechenden Marker (Mutationen) im Liquor und im Blut abnehmen, jedoch nach Absetzten der Therapie wieder nachweisbar werden. In Zukunft können diese Marker angewendet werden um die Therapie individuell zu steuern“, so Studienleiter Johannes Gojo.
Bedeutung für die klinische Praxis
Diese Ergebnisse unterstreichen das Potenzial von Liquid Biopsies als weniger invasive Alternative zur klassischen Gewebebiopsie. Insbesondere bei schwer zugänglichen Tumoren im Zentralnervensystem könnten Flüssigbiopsien die Therapieüberwachung revolutionieren. Die Erkenntnisse der Studie eröffnen neue Perspektiven für die personalisierte Medizin.
Publikation: Acta Neuropathologica
Detection of H3F3A K27M or BRAF V600E in liquid biopsies of brain tumor patients as diagnostic and monitoring biomarker: impact of tumor localization and sampling method.
Sibylle Madlener, Natalia Stepien, Daniel Senfter, Lisa Mayr, Anna Laemmerer, Cora Hedrich, Alicia Baumgartner, Daniela Lötsch-Gojo, Jaroslav Sterba, Petra Pokorna, Barbara Kiesel, Georg Widhalm, Franziska Eckert, Matthias Preusser, Karl Rössler, Amedeo Azizi, Andreas Peyrl, Thomas Czech, Christine Haberler, Irene Slavc, Gregor Kasprian, Christian Dorfer, Julia Furtner & Johannes Gojo.
doi: doi.org/10.1007/s00401-024-02842-7
https://link.springer.com/article/10.1007/s00401-024-02842-7