P53 Prionen, also die fehlerhaft gefaltete, aggregierteForm des Proteins p53, können beim hochgradigen serösen Eierstockkrebs als Biomarker für die Einschätzung der Lebensdauer der Betroffenen und für ihre Eignung für eine Chemotherapie herangezogen werden. Das zeigt ein internationales ForscherInnenteam unter der Leitung der MedUni Wien. Im Zuge der multizentrischen Arbeit entwickelten die WissenschafterInnen einen Test, der es erstmals erlaubt, die Konzentration von p53 Prionen in Tumorproben zu messen.
P53 ist ein Protein, das im Inneren von Zellen ausgebildet wird und auch als „Wächter des Genoms“ bekannt ist. In seiner physiologischen, also gesunden, Form hilft p53 DNA Schäden zu reparieren oder ein Selbstzerstörungsprogramm (Zelltod) zu aktivieren, wenn die Schäden zu groß sind. Damit trägt p53 dazu bei, die Entwicklung von Tumoren zu unterdrücken. P53 kommt in mutierter Form in der Hälfte aller menschlichen Tumoren vor und in 96 Prozent aller hochgradigen serösen Ovarialkarzinome. Mutationen führen dazu, dass p53 seine krebsbekämpfende Funktion verliert. Gleichzeitig kann eine Mutation zu einer fehlerhaften Faltung (einer Änderung der Konformation) und zur Aggregation (Zusammenlagerung) der Proteinmoleküle („p53 Prionen“) in der Tumorzelle führen.
Biomarker für die Lebenserwartung
Nicole Heinzl, Molekularbiologin an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien und des AKH Wien, Mitglied des Comprehensive Cancer Center (CCC) der beiden Einrichtungen und Erstautorin der Studie: „Wir konnten in unserer Studie zeigen, dass es beim hochgradigen serösen Ovarialkarzinom einen Zusammenhang gibt zwischen der Konzentration der p53 Prionen und der Lebenserwartung der Betroffenen. So leben jene Patientinnen deutlich länger, bei denen hohe p53 Prionen Konzentrationen gemessen werden konnten. P53 Prionen können somit als unabhängiger prognostischer Biomarker für das progressionsfreie Überleben, also für die Zeit in der die Krankheit nicht fortschreitet, und auch für die Lebenserwartung insgesamt der Patientinnen herangezogen werden.“
Unterstützung bei der Therapieentscheidung
Die WissenschafterInnen konnten weiters beobachten, dass Tumoren mit einer hohen Menge an p53 Prionen auch einen Trend in Richtung stark erhöhte genomische Instabilität zeigen. Heinzl: „Die genomische Instabilität der Tumorzellen, als auch die Aggregation von p53 sind in einer bestimmten Gruppe von Patientinnen deutlich erhöht. Diese Patientinnen haben auch eine längere Lebenserwartung, vermutlich, weil sie besser auf eine platinhältige Chemotherapie ansprechen. Das Ergebnis der Studie legt nahe, dass man die Aggregation von p53 zukünftig dafür nutzen kann, das Therapieansprechen vorherzusagen und P53 Prionenbefunde in die Therapieplanung mit einzubeziehen.
Zur Person
Nicole Heinzl, geboren 1993 in Linz, absolviert seit Juli 2017 das PhD-Programm „Maligne Erkrankungen“ in der Arbeitsgruppe „Molekulare Onkologie“ an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien. Im Juni 2017 legte sie ihren Master in Molekularer Biologie bzw. Molekularer Medizin an der Universität Wien ab. 2018 erhielt sie bereits den Preis der Dr. Maria Schaumayer-Stiftung und holte den Sieg beim „Falling Walls Lab Austria“. Die Biologin ist Mitglied der Gynecologic Cancer Unit (CCC-GCU) des Comprehensive Cancer Center der MedUni Wien und des AKH Wien. Ein Reisestipendium des CCC ermöglichte Heinzl die Präsentation dieser Arbeit anlässlich des 12th Biennial Ovarian Cancer Research Symposium Mitte September an der University of Washington in Seattle, USA.
Über das hochgradige seröse Ovarialkarzinom
Das hochgradige seröse Ovarialkarzinom ist eine sehr aggressive Unterart des Ovarialkarzinoms. 70 Prozent aller Fälle von Eierstockkrebs fallen in diese Kategorie. Lediglich 30 Prozent dieser Patientinnen sind fünf Jahre nach der Erstdiagnose noch am Leben.
In Österreich erkranken jährlich rund 530 Frauen an einem hochgradig serösen Ovarialkarzinom. Da die Symptome eher unspezifisch sind, wird die Erkrankung meist erst in einem sehr späten Stadium entdeckt. Die Standardtherapie ist eine chirurgische Entfernung des Tumors gefolgt von einer Chemotherapie.
Zentrum für Präzisionsmedizin (ZPM)
Die Messung der p53 Aggregation bei der individuellen Patientin und die daraus resultierende Therapiewahl sind ein Beispiel für einen personalisierten Therapiezugang.
Studien wie diese zeigen einmal mehr, dass personalisierte Diagnose- und Behandlungszugänge in der medizinischen Forschung immer wichtiger werden. Dem entsprechend fördert die MedUni Wien personalisierte, oder – präzisionsmedizinische, Zugänge und errichtet ab 2022 ein Zentrum für Präzisionsmedizin (zpm) am MedUni Campus AKH (www.zpm.at).
Service:
“Identification of P53 Prions as an Independent Prognostic Marker for Survival in High-Grade Serous Ovarian Cancer”
Nicole Heinzl, Elisabeth Maritschnegg, Katarzyna Koziel, Stuart Wilson, Georg Heinze, Christine Wallisch, Reinhard Horvat, Jalid Sehouli, Ioana Braicu, Ignace Vergote, Els van Nieuwenhuysen, Sven Mahner, Eva Obermayr, Eva Schuster, Barbara Holzer, Nicole Concin, Robert Zeillinger