Das seltene anaplastisch-großzellige Lymphom (ALCL) tritt vorwiegend bei Kindern und jungen Menschen auf. Etwa ein Viertel der Erkrankten erleidet einen Rückfall nach der Chemotherapie. Ein internationales Forschungsteam um den Molekularpathologen Lukas Kenner von der MedUni Wien und die Molekularbiologin Suzanne Turner von den Universitäten Cambridge/Masaryk-Universität Brno, konnte nun in präklinischen Untersuchungen eine Mutation des Proteins Notch zeigen, die den Tumor auslöst. Weil Notch-1 durch einen speziellen Proteinkomplex aktiviert wird, liegt es nahe, den Mechanismus durch einen passenden Inhibitor medikamentös zu unterbinden. Die Studie wurde im Topjournal Haematologica publiziert.
Das anaplastisch-großzellige Lymphom (ALCL) ist ein malignes T-Zell-Lymphom aus der Gruppe der Non-Hodgkin-Lymphome, an dem vorwiegend Kinder und Jugendliche erkranken. Rund zehn bis fünfzehn Prozent der kindlichen Lymphome sind ALCL-Lymphome, und es gibt auch Hinweise, dass in seltenen Fällen Brustimplantate die Entstehung dieses Lymphoms begünstigen können. Beim ALCL-Lymphom exprimiert das Onkogen namens „Anaplastische Lymphom-Kinase“ (ALK) in anomaler Weise, wodurch ein aggressiver Tumor entsteht. Als Standardtherapie wird eine Chemotherapie aus einer Kombination von vier Medikamenten, das CHOP-Schema, angewandt, jedoch gelingt die Heilung oft nicht vollständig, die Rückfallquote beträgt 25 Prozent. Bei Rezidiven schlägt die CHOP-Therapie allerdings zumeist gar nicht mehr an.
Ein Forschungsteam um den Molekularpathologen Lukas Kenner vom Department für experimentelle und Labortierpathologie der MedUni Wien sowie der Molekularbiologin Suzanne Turner, die an der University of Cambridge und der Masaryk-Universität Brno lehrt, untersuchte nun Gewebematerial von PatientInnen mit ALCL-Lymphom histologisch und am Mausmodell. Um die Pathologie dieser Lymphomerkrankung zu verstehen und neue Angriffspunkte für die Therapie auszumachen, wurde eine Whole-Exome Sequenzierung (WES) der anaplastischen Lymphom-Kinase ALCL durchgeführt. Dabei entdeckten sie eine Tumor-fördernde Mutation im Protein Notch-1, das durch den Proteinkomplex Gamma-Sekretase aktiviert wird. Diese Beobachtung lässt den Schluss zu, dass die Gabe von Gamma-Sekretase-Inhibitoren (GSI) als Wirkstoff im Sinn einer „Targeted Therapy“ auch in Kombination mit einem ALK Inhibitor therapeutische Erfolge aufweisen könnten. Ein weiterer Vorteil wäre die bessere Verträglichkeit als die Chemotherapie, weshalb die Entwicklung einer neuen Primärtherapie ebenso wünschenswert wäre wie eine Zweitlinientherapie im Fall eines Rezidivs.
Kenner, der auch Mitglied des Comprehensive Cancer Centers (CCC) der MedUni Wien und des AKH Wien ist: „Wir hoffen, dass die Entdeckung der Notch-1 Mutation in ALCL zu einem raschen Einsatz der Gamma-Sekretase-Inhibitoren als personalisierte Medizin bei ALCL Patienten führen wird“.
Die Studie entstand als Kooperation der MedUni Wien, der University of Cambridge sowie der Masaryk-Universität Brno, der Europäischen Forschungsinitiative für ALK-assoziierte Malignome (ERIA), des EU-ITN ALKATRAS Projektes sowie der European Intergruppe für kindliche Non-Hodgkin-Lymphome.
Service: Haematologica
Whole Exome Sequencing reveals NOTCH1 mutations in anaplastic large cell lymphoma and points to Notch both as a key pathway and a potential therapeutic target
Hugo Larose, Nina Prokoph, Jamie D. Matthews, Michaela Schlederer, Sandra Högler, Ali F. Alsulami, Stephen P. Ducray, Edem Nuglozeh, Feroze M.S. Fazaludeen, Ahmed Elmouna, Monica Ceccon, Luca Mologni, Carlo Gambacorti-Passerini, Gerald Hoefler, Cosimo Lobello, Sarka Pospisilova, Andrea Janikova, Wilhelm Woessmann, Christine Damm-Welk, Martin Zimmermann, Alina Federova, Andrea Malone, Owen Smith, Mariusz Wasik, Giorgio Inghirami, Laurence Lamant, Tom L. Blundell, Wolfram Klapper, Olaf Merkel, G.A. Amos Burke, Shahid Mian, Ibraheem Ashankyty, Lukas Kenner, Suzanne D. Turner
doi: 10.3324/haematol.2019.238766.